Vortrag: "Geschlechtervielfalt an Hochschulen: Herausforderungen und Chancen" von Né Fink

Zur Veranstaltung

Am 07.04.2022 fand die Online-Veranstaltung „Geschlechtliche Vielfalt an Hochschulen: Herausforderungen und Chancen“ mit Né Fink statt, die gemeinsam vom Netzwerk Diversität an Thüringer Hochschulen und dem Thüringer Kompetenznetzwerk Gleichstellung organisiert wurde. Die Veranstaltung bestand aus einem Vortrag mit Diskussion sowie einem sich anschließenden Vernetzungstreffen für trans*, inter* und nicht-binäre Personen (TIN*) an Thüringer Hochschulen.

In dem Vortrag werden Begriffe, die oft in Zusammenhang mit geschlechtlicher Vielfalt auftauchen, wie inter*, trans*, divers und abinär leicht verständlich erklärt. Welche Erfahrungen machen trans* und abinäre Personen im Kontext Hochschule? Was für Herausforderungen und Chancen ergeben sich durch geschlechtliche Vielfalt? Wie sind die aktuellen Alltagserfahrungen dieser Gruppen im Kontext Hochschule? Gibt es strukturelle Bedingungen, die Diskriminierung von trans* und abinären Studierenden verstärken und welche Maßnahmen schwächen Benachteiligung ab? Wie ist in persönlichen Begegnungen im Hochschulalltag ein selbstverständlicher Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt möglich?

Referent | Né Fink ist systemischer Berater und selbständig als Trainer für geschlechtliche Vielfalt tätig. Xe (Pronomen) hat zwei Jahre lang das Projekt „Unterstützung von trans* Studierenden“ an der Georg-August-Universität Göttingen koordiniert. Durch unzählige Beratungsgespräche mit Studierenden und Consultinggesprächen mit Angestellten und Lehrenden der Universität hat xe Einblicke in die Situation von vielen trans* und abinären Studierenden und Mitarbeiter*innen bekommen. Ehrenamtlich engagiert sich Né Fink in der Trans*- und Angehörigen-Beratung. Weitere Infos: https://ne-fink.de/.

Aufzeichnung des Vortrags vom 07.04.2022 (Länge: 01:07:37)

© Copyright 2022 – Alle Inhalte dieses Videos sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, einschließlich der Vervielfältigung, Veröffentlichung, Bearbeitung und Übersetzung, bleiben vorbehalten, Né Fink.

Begrüßung zur Veranstaltung von Dr. Daniela Heitzmann

Guten Tag und herzlich willkommen zu unserer heutigen Veranstaltung „Geschlechtliche Vielfalt an Hochschulen: Herausforderungen und Chancen“. Die Veranstaltung wird gemeinsam von mir, Daniela Heitzmann, Koordinatorin des Netzwerks Diversität an Thüringer Hochschulen, und Silke Meinhardt, Leiterin des Thüringer Kompetenznetzwerks  Gleichstellung, organisiert. Wir beide freuen uns sehr, dass wir Né Fink als Referent gewinnen konnten und wir im Anschluss an den Vortrag mit allen Teilnehmenden gemeinsam ins Gespräch kommen können!

Wenn man sich mit Ungleichheiten und Diskriminierungen in Hochschule und Wissenschaft beschäftigt, stellt man immer wieder fest, dass es sich um eine komplexe und häufig auch widersprüchliche Geschichte und Gegenwart handelt. Einerseits haben die sog. modernen Wissenschaften seit dem 18. Jahrhundert wesentlich dazu beigetragen, dass ‚unsere‘ Gesellschaft die Existenz von ‚zwei und nur zwei‘ Geschlechtern (also männlich und weiblich) als Naturtatsache ansieht und alle Menschen, die sich nicht in diese Unterscheidung einfügen, als „abweichend“ und „nicht normal“ definiert. Andererseits sind die ‚Ränder‘ der Wissenschaft (insbesondere den sog. Queer studies) einer der zentralen Orte, an denen diese rigide Einteilung der Welt in Frage gestellt und aus verschiedenen Perspektiven kritisiert wird. Gemeinsam mit den sozialen Bewegungen werden Ungleichheiten und Diskriminierungen sichtbar und sagbar gemacht, so dass politische Forderungen formuliert und gesellschaftliche Veränderungen vorangetrieben werden können.

Eine zentrale Konsequenz der Definition von Menschen als „nicht normal“ und „abweichend“ aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit, Geschlechtsidentität oder ihrem Geschlechtsausdruck ist der erschwerte und teils auch verwehrte Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen (z.B. Gesundheitsversorgung und ebenso Bildung) sowie Diskriminierungserfahrungen, die von mehr oder weniger subtilen Äußerungen im alltäglichen Miteinander bis zu schwerer körperlicher Gewalt reichen. Deswegen gibt es nicht nur einen Trans Day of Visibility, der gerade am 31.03. stattgefunden hat, sondern ebenso jährlich am 20.11. den Trans* Day of Remembrance – den Gedanktag an Menschen, die aus transfeindlichen Motiven ermordet wurden.

Die Diskriminierung von trans*, inter* und nicht-binären Menschen macht vor den "heiligen Hallen" der Universitäten und Hochschulen – auch jener in Thüringen – nicht Halt. Seit Jahren und Jahrzehnten kämpfen von Diskriminierung Betroffene um Akzeptanz und Gleichbehandlung. Wie alle sozialen Kämpfe handelt es sich um einen sehr langen und sehr beschwerlichen Prozess – und dies trifft auch auf die Hochschulen zu. Inzwischen schafft jedoch auch das Recht in Form von Gesetzen und Gerichtsurteilen Fakten, so dass der Handlungsdruck auf die Hochschulen steigt. Der Bedarf ist umfassend und adressiert verschiedene Bereiche, wie wir in dem Vortrag gleich sehen werden.

In den Thüringer Netzwerken haben wir uns im letzten Jahr vor allem mit den Verwaltungsstrukturen befasst, da sich u.a. spezifische, praktische Erfordernisse ergeben: welche Geschlechtseinträge sind möglich, wie lassen sich diese und ebenso Namen ändern. Hierzu haben wir Empfehlungen für die Thüringer Hochschulen formuliert, die auch öffentlich zugänglich sind und momentan über die Gleichstellungs- und Diversitätsbeauftragten in die Hochschulen eingebracht werden. Die Erfahrung an verschiedenen Thüringer Hochschulstandorten zeigt, dass Kolleg*innen im Einzelfall engagiert Lösungen suchen und finden – was sehr erfreulich ist. Gleichwohl ist es das Ziel, die Hochschulstrukturen so anzupassen und zu gestalten, dass es weder das Engagement von Einzelnen braucht noch das Betroffene immer wieder ihre (ihnen zustehende) Gleichbehandlung einfordern müssen.

Bis wir bei der Gleichbehandlung angekommen sind, ist es ebenso wichtig, Vernetzungs- und Unterstützungsstrukturen an den Thüringer Hochschulen zu schaffen und zu stärken. Hierfür findet im Anschluss ein Vernetzungstreffen für trans*, inter* und nicht-binäre Studierende und Beschäftigte an Thüringer Hochschulen statt, das von Né Fink moderiert wird und mit dem das Angebot verbunden ist, Bedarfe und Wünsche an die Koordination des Diversitäts- und Gleichstellungsnetzwerks zurückmelden.

Wir freuen uns auf den Vortrag und die gemeinsame Diskussion im Anschluss!